Fabian Rohner: Hoffen auf die Lösung

22.04.2019 07:05

Fabian Rohner: Hoffen auf die Lösung

Fabian Rohner hat sich allen Widerständen zum Trotz im Fussball durchgesetzt – doch die physischen Probleme mit seinem Kopf sind auch nach einem halben Jahr «Auszeit» noch nicht definitiv gelöst. Ein Fussballleben mit der Ungewissheit.

Es gibt wenigstens wieder ein Stück Alltag im Leben von Fabian Rohner. Am Wochenende hat er mit der U-21 des FC Zürich gegen den Spitzenreiter der Promotion League, den FC Stade-Lausanne-Ouchy, 90 Minuten durchgespielt. Es ist die Regel in dieser Frühjahrsrunde, Rohner hat entschieden, auf diesem Level wieder einzusteigen, die fast halbjährige Wettkampfpause zu beenden. Die Geschichte ist eine endlose und sie hinterlässt auch nach so vielen Jahren Ratlosigkeit, bei den Ärzten, bei den Spezialisten, bei den Therapeuten und natürlich – und in erster Linie – auch bei Fabian Rohner selbst. Auf Stufe der U-15 machte er erstmals die Erfahrung von Migräneattacken, in der U-16 und in der U-18 musste er zwei Hirnerschütterungen beklagen, irgendwann begannen die Hemmungen, sich in Luftduellen engagiert in den Zweikampf zu werfen, in Absprache mit den Eltern und dem FCZ-Vereinsarzt Stefan Sannwald trug Rohner fortan einen gepolsterten Rugbyhelm zum Schutz.

Meister mit Magnin

Nun, im Frühjahr 2019, hat er diese Schutzvorrichtung wieder zur Seite gelegt. «Es bringt in diesem Sinne nicht viel», hat Rohner erkannt. Er hat eine bewegte Geschichte hinter sich, nicht nur gesundheitlich, sondern durchaus auch sportlich. Begonnen hatte er einst beim Zürcher Quartierverein SV Höngg dort, wo einst auch Christian Gross gross geworden war. Bald aber erfolgte schon der Wechsel zum FC Zürich, zu den Letzikids, in die Academy. Rohner ist ein feiner, kleinerer Spieler, schnell, wendig, polyvalent. Nicht immer war man sich innerhalb der Organisation FCZ sicher, wie er den Weg gehen würde, zweimal hängte er ein Zusatzjahr an, währendem die gleichaltrigen Kollegen eine Alterskategorie aufstiegen.

Mit der U-18 kam die Wende, Fabian Rohner wurde – unter der Führung eines gewissen Ludovic Magnin – in der Saison 2015/2016 auf dieser Altersstufe Schweizer Meister. Es war auch die Spielzeit, als er von den technischen Verantwortlichen beim Schweizerischen Fussballverband erfasst wurde, am 29. Oktober 2015 machte er für die Schweizer U-18 seinen ersten internationalen Einsatz in einem Länderspiel gegen Tschechien.

Ein Jahr später hatte er den entscheidenden Schritt in der Entwicklung eines jungen Spielers hinter sich, er erhielt am 5. Januar 2017 seinen ersten Profivertrag im Verein, posierte neben dem Präsidentenehepaar Heliane und Ancillo Canepa, verpflichtete sich bis ins Jahr 2020. Es folgten im Frühjahr 2017 die ersten Spiele in der Challenge League, die Rückkehr mit dem FC Zürich in die Super League.

Berufsausbildung beim FCZ

Beim Schweizerischen Fussballverband und beim FC Zürich war sein Rating hoch. Auf der FCZ-Geschäftsstelle und in der United School of Sports absolvierte er parallel zum Aufstieg seine KV-Sportlerlehre, die er im Sommer 2018 abschliessen konnte. Beim SFV wurde ins Programm Footuro aufgenommen, das jenen Talenten vorenthalten ist, denen die Perspektive A-Nationalmannschaft zugetraut wird. In diesem Programm ist er noch immer dabei. «Ich blieb immer mit den Nationalteams im Kontakt, spürte, dass ich wichtig bin und bin froh, dass ich diesen Rückhalt geniesse».

Er wurde nicht fallen gelassen, auch dann nicht, als man im vergangenen September eine Notbremse ziehen musste. Im Dezember 2017 kam Fabian Rohner zu seinem ersten Spiel in der Super League, im Frühjahr erlebte er den Einzug in den Final des Helvetia Schweizer Cup, er machte total zwölf Spiele in der Super League und war auf dem besten Weg, sich nach und nach durchzusetzen. Nur, die Probleme mit dem Kopf, sie wollten nie so ganz abklingen. Schliesslich kommunizierte der FC Zürich im Spätsommer 2018, dass Fabian Rohner aufgrund von wiederkehrenden Schwindelanfällen aus dem Spiel- und Trainingsbetrieb der ersten Mannschaft herausgenommen werde. Auch, um ihm Zeit und Distanz zu verschaffen, um die nötigen medizinischen Abklärungen zu treffen.

Rückkehr in der U-21

Diese Abklärungen führten nicht wirklich ans Ziel. «Es gibt bis heute keine wirkliche Lösung», sagt Rohner, der angesichts der Ungewissheit und der schwierigen Perspektive für seine Zukunft als professioneller Fussball zumindest nach aussen hin erstaunlich gelassen wirkt. Für das Jahr 2019 hat er sich nun quasi einen Neustart versetzt. Trainiert hat er auch während seiner Auszeit normal, einfach mit der U-21. Die Trainings verlaufen problemlos. Den Schutzhelm hat er abgelegt, er spielt nun regelmässig im Nachwuchsteam, das von Marinko Jurendic trainiert wird und ist dort einer der Leistungsträger im Abstiegskampf, dem sich das junge Team wohl zu stellen hat im restlichen Verlauf dieser Saison.

Für die Zusammenzüge der Schweizer U-20/U-21 im März stand er zumindest wieder im erweiterten Kader, es ist ein kleines Signal, aber ein durchaus wichtiges für den weiteren Weg von Fabian Rohner. Im März 2018 hat er letztmals für eine rot-weisse Auswahl gespielt, es war seine Premiere für das U-21-Team, in der EM-Qualifikation gegen Portugal. Das ist nun ein Jahr her, seither musste er sich gedulden.

Von Therapeut zu Therapeut

Dass der Weg zurück nicht frei von Hindernissen ist, das ist Fabian Rohner klar. Er ist beim Osteopathen, er versucht Microflex- und Neuraltherapien, selbst die chinesische Medizin probiert er aus. Er hofft darauf, dass irgendeine dieser vielschichtigen Therapien anschlagen wird, dass die Probleme in den Griff gebracht werden können. Das ist wohl die Voraussetzung für eine Zukunft als professioneller Fussballer, das weiss er selbst auch, und deshalb gibt es in seinem Kopf durchaus einen Plan B, der eine berufliche Zukunft ausserhalb des Fussballs absteckt. «Ich will nicht vor dem Nichts stehen.»

Aber konkret ist das noch nicht, noch ist die Hoffnung – zum Glück – weit grösser als die Resignation. Ein Mentaltrainer hilft ihm, mit der schwierigen Situation umzugehen, seine Eltern und seine Freundin sind ihm wichtige Stützen, denn es geht ja in solchen Umständen auch immer darum, nicht aufzugeben, immer an die Wende zum Positiven zu glauben.

Das Problem seines Problems ist, dass niemand sagen kann, woran es liegt. Dass es auch kein konstantes Problem ist, sondern eines, das kommt und geht. «Klar ist mir, dass sich bei Schlägen gegen den Kopf, bei kleinen Ellbogeneinsätzen der Gegner oder bei harten Kopfbällen, die Schmerzen akzentuieren. Es kamen dann die üblichen Symptome, es wird ein bisschen schwarz vor den Augen, es folgen Kopfschmerzen und Übelkeit. Es hilft mir dann, mich in einen dunklen Raum zurückzuziehen und zwei, drei Stunden zu schlafen.»

Die Winterpause verlief nahezu reibungslos, beim letzten Testspiel der U-21 gegen den Nachwuchs des FC St. Gallen und beim ersten Meisterschaftsspiel des Frühjahres gegen Yverdon-Sport kamen die Probleme kurzzeitig zurück, «seither ist nun wieder fast einen Monat lang mehr oder weniger Ruhe», sagt Rohner. Er sagt, er  versuche, gewissen Situationen bis zu einem gewissen Grad auszuweichen, «aber manchmal geht das halt nicht».

Ohne Risiko

Ein gesundheitliches Risiko durch seine Spieleinsätze bestehe gemäss seinen Ärzten nicht. «Ich muss keinerlei bleibende Schäden befürchten», sagt Rohner. Aber er nimmt relativ starke Medikamente zu sich, was natürlich auf Dauer auch nicht optimal ist. Im Moment ist Fabian Rohner ein Spieler der U-21 des FC Zürich, «auf diesem Niveau komme ich ganz gut zurecht». Fussballerisch habe er nichts verloren, alles seit gleich auf dem Platz. Aber der Weg in die erste Mannschaft ist momentan nicht offen – bis zu einer fixen Lösung für seine Probleme am Kopf. Aber genau da liegt das Problem.

(Rotweiss/ds)