Noa Schärz: 135 Sponsoren für die Therapie

19.02.2019 00:00

Noa Schärz: 135 Sponsoren für die Therapie

Noa Schärz zählt zu den grössten Talenten im Schweizer Frauenfussball. Doch seit weit über einem Jahr plagt sie eine Knieverletzung – nach einer Spezialtherapie ist nun die Hoffnung auf eine Rückkehr im Frühjahr gross.

Noa Schärz sagt, dass es ihr «ziemlich gut» gehe. Und das ist für sie keine Selbstverständlichkeit. Sie hat eine lange Leidensgeschichte mit ihrem im August 2017 verletzten rechten Knie hinter sich. Die Zeit über Weihnachten verbrachte sie mit zwei Reisen nach Peru und Marokko, sie wollte ein bisschen Abstand erhalten, um im Jahr 2019 endlich sagen zu können, dass die Verletzungsgeschichte eine aus der Vergangenheit ist. «Zu 98 Prozent bin ich schmerzfrei», sagt sie nach dem Trainingslager der Frauen des Grasshopper Club Zürich, das sie bestritten hat, so wie die gesamte Vorbereitung. Und sie ist zuversichtlich, auch die zwei Prozente Restschmerz noch verschwinden lassen zu können. Das Vertrauen, dass das Knie hält, hat sie jedenfalls schon geschöpft, auch wenn sie sagt, «meine Fussballbewegungen fühlen sich noch etwas holzig an».

Schmerzen liessen nicht nach

Es war der 26. August 2017, ein Spiel im Schweizer Cup beim unterklassigen FC Eschenbach. Eine klare Sache für die GC-Frauen, die 7:0 gewinnen. Doch in der 35. Minute ist das Spiel für Noa Schärz zu Ende. Die niederschmetternde Diagnose: Kreuzbandriss im rechten Knie, dazu waren auch Meniskus und das Innenband in Mitleidenschaft gezogen worden. Am 6. September 2017 wurde Noa Schärz operiert, zwei Monate später war ein neuerlicher Eingriff nötig. Gewebe hatte sich im operierten Knie vernarbt, das Gelenk konnte nur noch zu 60 Prozent gebeugt werden.

Im Frühjahr 2018 rückte der Traum von einer Rückkehr im Hinblick auf die U-19-Europameisterschaft der Frauen in der Schweiz in den Mittelpunkt. Dieses Turnier war das grosse Ziel, Noa Schärz war bei einem Zusammenzug des erweiterten Kaders mit dabei, sie trainierte bei GC unter spezieller Anleitung von Assistenztrainerin Evelyn Zimmermann. Doch das Knie wollte sich nicht an den Zeitplan halten, bereitete immer wieder Probleme. «Ich wusste nicht so richtig, wie ich damit umzugehen habe, es war ja aushaltbar und die Schmerzen waren ein Stück weit zweitrangig.» Doch sie waren trotzdem so präsent, dass an ein Comeback auf dem Platz nicht zu denken war. In den Statistiken ist ein dreiminütiger Kurzeinsatz mit GC im NLA-Spiel gegen den FC Basel 1893 am 26. Mai 2018 eingetragen, doch Noa Schärz stand nicht auf dem Platz. «Das ist ein Fehler», sagt sie, und sie muss es wissen.

Die verpasste U-19-EM

Der Traum von der EM musste aufgegeben werden, und als bei Leistungstests in Magglingen klar wurde, dass kurzzeitig keine wirkliche Besserung in Aussicht stand, da wurde ein konsequenter Plan beschlossen. «Mein Ziel war einfach, wieder schmerzfrei zu werden.» Sie entschied, vorerst vom Platz Abstand zu nehmen, nur noch im Kraftbereich zu arbeiten – und im Beruf ein Zwischenjahr einzulegen. Noa Schärz lässt sich im Restaurant «Rössli» in ihrer Wohngemeinde Illnau zur Köchin ausbilden, ein Beruf, der Strapazen mit sich bringt. Die Aussage, dass der anspruchsvolle Job die Genesung des Knies nicht unbedingt begünstigt habe, würde sie «sofort unterschreiben», ohne dem Lehrbetrieb irgendeinen Vorwurf zu machen. «Ich hätte mich selbst melden müssen, als ich Schmerzen hatte.»

Nun konzentriert sie sich seit dem vergangenen August auf die schulische Ausbildung, die sie in diesem Frühjahr abschliessen will. Danach soll ein letztes praktisches Lehrjahr im Betrieb folgen. Die berufsfreie Zeit nutzte sie für eine Spezialtherapie in der deutschen Klinik Eden in Donaustauf. U-19-Nationaltrainerin Nora Häuptle hatte sie im Vorfeld dahin begleitet, um alles abzusprechen. «Ihre Unterstützung war sehr wichtig», sagt Schärz heute. In zwei zehntägigen Blöcken liess sie sich in Deutschland behandeln. Der Aufenthalt im «Eden» war kostspielig.

Noa Schärz lancierte eine Crowdfounding-Aktion auf dem Portal «I believe in you», wollte 8000 Franken sammeln und erhielt von 135 wohlgesinnten Mitmenschen finanzielle Zusagen über mehr als den doppelten Betrag. Im Video, in dem sie für Unterstützung wirbt, ist zu sehen, wie intensiv sie an ihrem Comeback arbeitete, aber auch, wie viel Ballgefühl die 18-jährige Frau hat. Nicht umsonst wird sie trotz ihrer Verletzungsgeschichte noch immer als eines der grössten Talente im Schweizer Fussball eingestuft. Ihren Platz auf der Liste der «Footura»-Spielerinnen hat sie stets behalten, der SFV glaubt weiterhin an ihr Potenzial und an ihre Entwicklung.

Eine dritte Operation

Nach der Therapie in Deutschland trat zunächst tatsächlich eine markante Besserung ein. Sie kehrte auf den Trainingsplatz zurück, sie hoffte auf baldige Spieleinsätze, doch dann kam es zum neuerlichen Rückfall. «Das Knie hat stark reagiert, es wurde heiss, schwoll an und konnte wiederum nicht richtig gebeugt werden», erinnert sich Noa Schärz. Eine Untersuchung brachte zu Tage, dass sich Narbengewebe verknöchert und zu einer Art Überbein formiert hatte. Die Reibung verursacht letztlich die nicht zu vertreibenden Schmerzen. Ein neuerlicher operativer Eingriff im November beseitigte dieses Problem, seither hat sich die Lage wesentlich beruhigt.

Grosse Ziele hat sie sich in diesen Tagen noch nicht wieder gesetzt. «Ich will gesund bleiben und zu 100 Prozent schmerzfrei sein.» Das steht zuoberst. Das Training macht ihr wieder grossen Spass, die Elite-Runde der U-19-Frauen im Rahmen der EM-Qualifikation im April in Belgien ist ein Meilenstein, den sie ins Visier nimmt. Es wäre ein Comeback nach fast zwei Jahren, im April 2017 hat sie letztmals mit der U-17 für eine nationale Auswahl gespielt. Es war die Zeit, als sie bei GC den Schritt ins NLA-Team machte und am 25. Februar 2017 ihr erstes Spiel in der obersten Liga gegen Luzern bestritt.

Es wird noch etwas Zeit brauchen, bis sie wieder an diesem Punkt angekommen ist. «Meine Träume im Fussball habe ich in den letzten eineinhalb Jahren manchmal über den Haufen geworfen. Ich habe mir ab und zu die Frage gestellt, ob das Ganze noch Sinn macht.» Diese Zweifel sind nun hoffentlich ein Stück weit Vergangenheit. «Ich fände es cool, irgendwann im Ausland Fussball zu spielen», blickt sie verhalten in die Zukunft. Das Knie, das in den letzten Monaten so viele Probleme bescherte, soll auf dem Weg dorthin mitspielen.

(Rotweiss/ds)